Bericht Nr. 3

Freitag, 18.07.2014

Hier kommt mein dritter Bericht🙂

 

Abschiedsstimmung

Mein Jahr in Südafrika neigt sich langsam dem Ende zu. Mir bleiben noch ein paar Wochen, was ein sehr seltsames Gefühl ist: So lang kamen mir 12 Monate zu Beginn vor! Und bevor ich überhaupt realisiert habe, dass es bald schon nach Deutschland zurückgeht, sitze ich vermutlich bereits im Flugzeug. Ich schaue dem Abschied mit sehr gemischten Gefühlen entgegen: Tatsächlich ganz genauso wie es das Sprichwort sagt – mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben sollte.

Auf der einen Seite fühle ich mich hier in Winterton sehr wohl. Ich mag die Arbeit, die Menschen, das Land. Auf der anderen Seite vermisse ich meine Familie, Freunde und tatsächlich das vertraute Deutschland.

Es gibt Dinge, die ich an Deutschland wirklich zu schätzen gelernt habe: Sicherheit ist ein großes Thema – es ist schön, wenn man sich nicht hinter Elektrozaun, Stacheldraht und Alarmanlagen verschanzen muss. Außerdem weiß ich jetzt, was für ein Luxus Heizungen, öffentliche Verkehrsmittel und verschiedene Sorten Brot sein können. Tatsächlich vermisse ich momentan manchmal sogar die Feuchtigkeit: Hier hat es seit drei Monaten nicht geregnet und alles ist extrem staubig. Wobei ich sicher bin, dass ich nach kurzer Zeit in Deutschland die südafrikanische Dauersonne herbeiwünschen werde…

Dann sind da noch Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit – die so klischeehaften „deutschen Tugenden“ machen es tatsächlich deutlich einfacher, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Hier passt wieder das Beispiel des Holiday Clubs: das Ferienprogramm ist immer eher schwer planbar, weil nie klar ist, wer wann mithilft.

 Aber natürlich wird trotz aller Vorfreude der Abschied schwer sein. Wir fühlen uns wohl hier und haben Freunde gefunden: Dieser Abschied ist keiner, bei dem man sicher sein kann, dass man nach 12 Monaten wiederkommt. Vielleicht werde ich manche Menschen nie wieder sehen, sogar wahrscheinlich. Diese Vorstellung hat mich ja schon das ganze Jahr begleitet, aber jetzt wird es mir erst richtig bewusst. Ich werde Vieles vermissen – die Arbeit, das Team, die Kinder, die Landschaft und die unglaublichen Erlebnisse, die ich hatte. Allein schon die Kultur der Zulus miterleben zu können, ist eine tolle Erfahrung. Erst vor kurzem, waren wir bei einem 21. Geburtstag, einem traditionellen Fest. Es wurde getanzt, gesungen und natürlich gegrillt. Während allerdings draußen das halbe Dorf gefeiert hat, musste das Geburtstagskind nur in eine Decke gewickelt in einer Hütte bleiben – und das schon seit einer Woche! Keiner konnte wirklich den Grund dafür nennen, nur dass es eben eine Tradition sei. Es war auf jeden Fall ein interessanter Tag und mir ist noch einmal bewusst geworden, wie sehr sich meine Kultur von der der Zulus unterscheidet. Wahrscheinlich war das ein einzigartiges Erlebnis und es ist komisch zu wissen, dass man das nicht einfach wiederholen kann.

Seltsam ist auch das Gefühl, dass es Nachfolger für Freya und mich gibt. Zwei Freiwillige, die mit denselben Leuten zusammenarbeiten, dieselben Kinder kennenlernen, vielleicht dieselbe Arbeit tun und in derselben Wohnung leben.Manchmal fragt man sich „Werde ich dann einfach ersetzt? Macht es für die Leute überhaupt einen Unterschied? Wie schnell vergessen mich wohl die Kinder?“ Und dann fällt mir wieder ein, wie albern das ist. Jeder Mensch ist einzigartig, hat andere Talente und Fähigkeiten. Deshalb macht es jedes Mal einen Unterschied, wenn neue Freiwillige kommen. Für Isibani, das von seinem Team lebt, ist es auf jeden Fall eine Bereicherung. Das Community Centre bietet eben deshalb für jeden Entfaltungsmöglichkeiten und es wird immer überlegt, wie Interessen und Talente optimal genutzt werden können, um das Projekt genauso wie die Person weiterzubringen. Beispielsweise haben sich vor einigen Wochen auch meine Aufgaben wieder geändert. Da die Crèche mittlerweile gut läuft und Dinge wie Umstrukturierung abgeschlossen sind, musste ein neues Projekt her. Gemeinsam mit Freya, die einige Aufgaben beim Place ofSafety abgegeben hat und deshalb vormittags ebenfalls bei Isibani arbeitet, bin ich jetzt für die Unterrichtsstunden in der Crèche verantwortlich. Morgens begrüßen wir die Kinder, kontrollieren die Anwesenheit und singen ein paar Lieder. Nach dem Frühstück machen wir eine Stunde mit Liedern, Malen und Aktivitäten, die Singakwenza uns zeigt (die Organisation, die Training zum Thema „Frühkindliche Entwicklung“ anbietet). Dabei werden die Kinder auf die Schule vorbereitet, z.B. lernen sie Zahlen und Formen oder machen Schreibübungen. So werden wichtige Fähigkeiten ausgebildet, die später sehr wichtig sind, beispielsweise im Bereich Motorik. Mir machen diese Stunden immer Spaß und es ist schön zu sehen, wie die Kinder Fortschritte machen.

Nachmittags ist dann Zeit für die anderen Projekte: Neben der Verantwortlichkeit für Charity Shop, CP & Special Needs Day (Therapieangebote für Menschen mit Behinderung) und unsere Sunday School Klasse (Religionsunterricht in der 7.Klasse) ist jetzt sogar noch ein weiteres dazugekommen: die Isibani Website. Da ich in einem Meeting angeregt hatte, doch einmal die hoffnungslos veraltete Seite zu aktualisieren, kam die Idee auf, eine neue und einfacher zu verwaltende Homepage zu erstellen. So kam es, dass Sandra und ich zusammen mit dem ganzen Team Artikel geschrieben und Fotos gemacht haben, sodass nun eine aktuelle Seite online ist (http://isibanicentre.wordpress.com). Ein paar Dinge müssen noch hinzugefügt und verbessert werden, aber insgesamt finde ich sie sehr gelungen. Meine nächste Aufgabe ist jetzt einen Bericht über das Township Khethani zu schreiben, um ein paar Hintergrundinformationen zu liefern, worauf ich mich auch schon freue.

Es ist toll, solche Ergebnisse seiner Arbeit zu sehen. So hat man das Gefühl, wirklich etwas verändert zu haben, worauf ich stolz bin. Speziell in der Crèche hat sich ja in den letzten Monaten einiges getan: Mittlerweile ist eine Struktur zu erkennen, die Kinder werden gefördert, die Räume sind ansprechend gestaltet, Akten und Listen aktuell, die Lehrer zufrieden und die Eltern geben positives Feedback. Mein Ansatz war von Beginn an, dass ich vor allem selbst etwas lernen werde und die Möglichkeit bekomme, mich weiterzuentwickeln. Das ist auch definitiv richtig und ich bin sehr dankbar für diese Chance. Aber ich habe auch das Gefühl, dass ich ein wenig zurückgeben konnte durch meine Arbeit, was mir sehr wichtig ist.

Gebracht hat mir der Aufenthalt hier nämlich unglaublich viel: Ich habe unzählbare neue Erfahrungen gemacht – ob schöne oder weniger schöne. Ich konnte so viele Dinge sehen – ob wilde Tiere, tolle Strände oder imponierende Berge. Ich musste an meine Grenzen gehen – ob bei einer Wanderung oder einer Konfliktsituation. Ich habe interessante Menschen kennengelernt – ob beeindruckende oder seltsame.

Für die letzten Monate bin ich sehr dankbar, ich habe meine Entscheidung nach Südafrika zu gehen in keinem Moment bereut. Ich habe vor allem für mich selbst viel gewonnen und neue Seiten an mir entdeckt. Und außerdem einen Ort, an den ich mit Sicherheit zurückkommen werde.